Donnerstag, 24. Mai 2012

Nackte Wut

Reicht die Pech-Strähne "Blutung - Hämatom - Bettruhe - keine Bauchdecke - Abbruch, Ausschabung - Plazentarest - erneute Ausschabung" nicht? Nein? Muß da dauernd nochwas hinterherkommen?? Kommt irgendwann ein kleines Männchen hinter dem Vorhang hervor und schreit "hahahaHAA!! Versteckte Kamera!!!"???
Aber die Nachrichten in schöner Reihenfolge: gestern war ich zur Ultraschallkontrolle bei "meiner" alten Kinderwunsch- Ambulanz in der Klinik. Schön war es nicht, wieder auf der anderen Seite der Wand zu sitzen (die Schwangeren- und Pränatalambulanz ist direkt nebenan). Da die KiWus nur so ein ömmeliges Gerät haben, in dem man mehr oder weniger Schatten und Grissel sieht, wurde ich dann doch nochmal auf die andere Seite der Wand geschickt zum Pränatalarzt (der mit dem Top-Gerät). Der hat dann den Befund meines Gyn bestätigt, nämlich dass sich noch Plazentareste im Uterus befinden. Darum auch der ßHCG- Wert von immer noch 650. Dann hat mich die KiWu-Dame netterweise direkt für den gleichen Tag zur Ausschabung angemeldet und mich zum ambulanten OP-Zentrum der Klinik geleitet. Sehr nett alles! Da saß ich dann.
Und saß ich.
Und saß ich.
Bis sich herausstellte,  ich war mitnichten angemeldet, also nochmal von vorn das Ganze. Gegen mittag wurde ich dann auf Station gebracht (Stunde 4 nach Eintritt in die Klinik), dort empfing mich eine schnaufende, frisch operierte und sehr (sehr!) gesprächsbereite Mitpatientin. Nach Gewandung ins schicke Flügelhemd, Stützstrümpfe und Netzhöschen (sexy! unwiderstehlich!)  harrte ich der Abholung in den OP. Und harrte.
Und harrte.
Und es passierte...

gar nix.
gaaaaaaaaaaaaar nix.
Die weiteren Erlebnisse in chronologischer Reihenfolge:

gegen 14:00: Nachbarin schläft endlich ein.

14:30: Nachbarin schnarcht. Ich versuche zu lesen.

15:30: Buch ist ausgelesen, draußen ist eine Affenhitze, klumpiges Kopfkissen klebt am Nacken. Entdecke fremdes Schamhaar auf meinem Nachttisch. Wäh. Eiere mit sexy Flügelhemd und Stützstrumpfsocken zur Schwester, um zu fragen, wann die OP denn startet. Antwort:" keine Ahnung, war noch kein Arzt da".

16:00: ich verdörre. v-e-r-d-ö-r-r-e. Zunge klebt am Gaumen, Kopfschmerzen werden stärker. Eiere mit sexy Flügelhemd zur Schwester, ob ich noch einen Schluck trinken darf. Darf ich nicht. Frage nach, ob ich dann vielleicht über die Vene Flüssigkeit bekommen kann, habe seit gestern abend nichts mehr getrunken und es ist brüllend heiß. Schwester (schon leicht genervt) sagt, sie gebe es weiter. Komme mir vergessen und ausgeliefert vor. Möchte entweder heulen oder die Wand eintreten.

16:45: Zugang wird gelegt. Frage nach, ob ich dieses Mal auch dieses Prostaglandinzäpfchen bekomme, was mir beim letzten Mal gegeben wurde, um den Muttermund weicher zu machen. Immerhin ist es schon spät, das Zeug muß einige Zeit einwirken und nicht, dass die OP dann abgesagt werden muß wenn es vergessen wurde. Schwester will nachfragen.

17:30: bekomme Flüssigkeit über die Vene. Brauche kein Zäpfchen, sei ja nur eine Nachkürettage. Kopfschmerzen werden etwas besser.

17:45: bekomme das Zäpfchen. Warum jetzt doch, erschließt sich mir nicht wirklich. Vielleicht, weil ich auf diese Weise liegen muß und die Schwestern nicht mehr nerven kann, wann die OP startet und ob überhaupt noch heute?? P. kommt und sitzt brav an meinem Bett. Komme mir häßlich und krank vor.

18:45: werde zur OP gefahren, P. soll das Bett schieben.

18:50: bekomme kein Dormicum mehr zur Beruhigung, wurde vergessen, brauche es ohnehin nicht mehr, da ich es nur noch hinter mich bringen will.

19:00: ein netter Anästhesiepfleger hüllt mich in Wärmedecken, streichelt mein Bein und sagt, der Piecks von der Vigo sei das Schlimmste gewesen, alles andere würde ich gar nicht merken. Seine Frau und er hätten die ganze Prozedur auch schon mal hinter sich gebracht. Jetzt sei sie wieder schwanger.

19:02: Im OP. Da mein Kopf in einer Glibberhüllen- Halterung liegt, kann ich nur nach oben starren, an der Stimme erkenne ich die nette Anästhesistin vom ersten Mal, bin erleichtert, zumindest einen zu kennen. Die Gyn kommt nicht.

19:10: starre weiter an die Decke, der nette Anästhesiepfleger streichelt meinen Arm. Frage nach, wer mich denn operiert, bekomme einen Namen gesagt mit Prof vorne dran. Also operiert mich nicht der übermüdete Assistent vom Nachtdienst. Immerhin. Bin etwas beruhigt.
irgendwann: Gyn erscheint, ich soll in die Maske atmen, bin weg.

20:45: wache im Aufwachraum wieder auf, bin stoned, ein herrliches Gefühl, halte enthusiastisch- pathetische Lobrede auf die nette Anästhesistin. Die Anwesenden scheinen sich zu freuen, trotzdem peinlich.

21:00: zurück auf dem Zimmer. Schlafe noch etwas.

21:30: P. kommt mit Köstlichkeiten vom gelben M. Lecker Milchshake!! Pommes! Himmel auf Erden nach 24h Nahrungsentzug, Speckrollen sind egal.

22:00: Nachtschwester mißt den Blutdruck, sagt, ich könne gehen, sobald die Ärztin die Entlaßpapiere fertig hat.

23:00: bin müde, noch kein Arzt da.

23:30: bin müüüüüüüüde. Knuddel mein Klumpkissen zurecht, finde OP-Bericht unter meinem Kissen. Darin vermerkt: "bleibt stationär über Nacht". P. rennt wütend zur Schwester.

24:00 Ärztin kommt, sagt, ich muß bleiben, morgen soll nochmal Ultraschall und Labor gemacht werden. P. fährt heim.

01:00: kann nicht schlafen, Nachbarin sägt heimisches Holz. Stapelweise.

01:05: tapere mit Flügelhemd zur Schwester, bitte um Ohropax. Schlafe.

07:30: werde geweckt durch Einrammen eines Thermometers in mein Ohr. Verfängt sich im Ohropax. Messung wird wiederholt.

08:30: Frühstück, ab dann gefühlte 5 Stunden Krankheitstalk mit meiner Nachbarin

09:00: Stationsarzt nimmt Blut ab, sagt, OP sei gut verlaufen, ich soll jetzt nochmal zum Pränatalarzt, um sicher zu gehen, dass wirklich alles draußen ist

09:30: Plazenta ist draußen, Arzt sieht jedoch noch ein Myom, was wohl direkt an die Schleimhaut grenzt. Sagt aber, das tut nix.

11:00: Termin bei Oberärztin, die auch noch was zu der ganzen Sache sagen will. Habe mich beim ersten Mal operiert, es tue ihr leid, dass noch Reste übrig geblieben seien, aber es seien eben auch erschwerte Bedingungen gewesen. Myome eben. Empfiehlt deren Entfernung.

12:00: Mittagessen. Grießbrei, das einzige Essen, was ich absolut und gar nicht ausstehen kann. Warte immer noch auf das Team von Versteckte Kamera.

13:00 Stationsarzt kommt, sagt, das Blut sei leider leider erst vor 15min ins Labor gekommen, daher müsse ich noch länger warten. Nach dem Blutbefund könne ich gehen. Frage nochmal nach den Myomen (rausmachen oder drin lassen? habe jetzt schon 2 unterschiedliche Meinungen), bekomme die Antwort, das könne man so oder so sehen.

14:30 ßHCG bei 400, darf gehen.

2 Kommentare:

  1. Mir fehlen wirklich die Worte!! Tut mir leid dass Du sowas mitmachen musst... als wäre die Tatsache, dass "es" nicht mehr da ist , nicht schon genug!

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  2. das passt absolut nicht zu dem ganzen schrecken den du durchmachen musstest, aber du schreibts so wunderbar sarkastisch und humorvoll, es ist trotz des schwierigen themas unglaublich erheiternd (gerade wenn man selbst schon im gyn-bereich operiert wurde..) deinen blg zu lesen!

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