Freitag, 25. Januar 2013

Nett war`s.

"Möchten Sie einen Milchkaffee, einen Latte macciato, einen Cappuccino, einen Espresso oder einen einfachen Kaffee?" Emsig kramt die freundliche Dame von der Adoptionsstelle in ihren Schokoladenvorräten auf dem Schreibtisch und bietet uns schlußendlich die Krone der Schokoladenkunst an: die neuen "Hello"-Pralinen von Lindt. Wenn sie die Wahl habe zwischen - hm, z.B. Schweinshaxe oder Schokolade, sie würde immer die Schweinshaxe wählen. P. versichert, er würde ganz ohne weiteres auch beides essen und nachdem diese Dinge geklärt sind fällt jede Nervosität von mir ab und ein "hach wie nett hier" macht sich breit. So soll es doch sein! Im Erstgespräch beim Jugendamt gingen wir grellig und auf Krawall gebürstet raus, so viele Thesen, die in den Raum geworfen wurden (nur wer seinen Kinderwunsch vollends abgeschlossen habe, könne sich auf ein Adoptivkind einlassen, Geschwisterkinder seien nicht erwünscht, sonst könne sich das Adoptivkind benachteiligt fühlen etc.pp), und deren Begründung wir nur wenig nachvollziehen konnten. Hier verlief es bisher völlig anders. Frau R. wirkt sympathisch und warmherzig und macht den Eindruck, dass es ihr mehr um das Kindeswohl und das Kennenlernen des Bewerberpaares geht als um ein Aufzählen von Horrorszenarien und Abfragen von Formalitäten. Nachdem wir um Weihnachten herum den Bewerberfragebogen abgeschickt hatten sind wir nun im Zweitgespräch des Adoptionsverfahrens. Es geht um den Inhalt des Bogens, welche Fragen uns bewegt haben, worüber wir vermehrt nachdenken mußten, für welches Adoptionsverfahren wir uns entscheiden würden und warum usw. Es ist eine nette und entspannte Atmosphäre und die Zeit vergeht wie im Flug. Frau R. schlägt vor, dass der nächste Termin bereits bei uns zu Hause stattfinden solle, dort wolle sie ein Genogramm mit uns machen, eine Familienaufstellung. Hierfür veranschlage sie den ganzen Nachmittag, so etwa 2 1/2 Stunden für jeden von uns. Sofort schießt mir durch den Kopf: aufräumen vorher!!! Katzenklo raus aus dem Bad!!! Häppchen!!! Käsebrot!! Suppe!! Suppe?? Danach sollten wir dann den Lebenslauf schreiben und es werde noch etwa 2 Gespräche geben. Irgendwie gruselig, dass wir einer doch noch fremden Dame unsere Lebensgeschichte erzählen sollen, gleichzeitig aber auch schön, dass es so rasch weitergeht. Ich freu mich gerade wahnsinnig und bin zuversichtlich, dass wir - so oder so - irgendwann eine Familie sein werden. Den panischen Teil in mir, der sich die Haare rauft, seit 3 Stunden Fotos aussucht und sich darüber den Kopf zerbricht, wie dieses Genogramm vonstatten gehen wird werde ich jetzt einfach mal ignorieren. Wie gehts heut abend weiter?
P. und ich haben uns eben eine Wii ausgeliehen, und da wir beide leider sowas von überhaupt keine Ahnung von diesem phänomenalen Teil haben (unser Röhrenfernseher will vielleicht gar nicht spielen), werden wir uns erstmal mit den Stöpseln und Kabeln beschäftigen, um dann Pizza zu bestellen und eine Runde zu zocken. Jawollja!

2 Kommentare:

  1. Hallo Emma,

    Das hört sich doch Super an! Ich wollte auch noch sagen, dass ich Deinen Kommentar bei Emmas Wunderwelt sehr begrüßt habe. Beim Lesen ihres Posts habe ich mich etwas geärgert, dass das Thema so stark auf Behinderungen wie Trisomie 21 bezogen war (da haben immer schon alle eine Meinung) , es aber eben auch Fälle wie Euren gibt. Ich denke, man kann nie wissen, wie man entscheiden würde, wenn man nicht tatsächlich selbst in der Situation war. Die meisten haben keine Ahnung, was es alles gibt. Bei uns kam in einer kryo ssw ein Risiko von 1:11 für Trisomie 13/18 heraus und damit sind die Kinder im allerbesten Fall 6 Monate lebenfähig, versterben aber idR schon während der ssw. Glücklicherweise hat sich das Risiko nicht bestätigt, aber ich hatte sonst auch abgetrieben und nicht die ssw ausgetragen. Hätte auch bei Emma kommentiert, aber da muss man sich registrieren, da hatte ich keine Lust. Euch für ivf oder Adoption jedenfalls von Herzen alles Gute, ich bin aber zuversichtlich, wie ich schon mehrfach geschrieben habe! Lg von C aus K

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  2. Liebe Emma,

    bei unserem Adoptionsverfahren haben wir auch ein Genogramm erstellen müssen, jedoch haben wir es als "Hausaufgabe" gemacht. Anschließend hatten wir dann ein sehr langes Gespräch mit der Jugendamtdame, dass überhaupt nicht schlimm war. Ich hatte mir im Vorfeld schon einige Sorgen gemacht, aber es war wider Erwarten ein sehr lockeres Gespräch. Wenn du noch Fragen hast, sehr gern. Auch per Mail, wenn du möchtest.

    Zu deinem Kommentar möchte ich dir auch hier noch schnell ein paar Worte da lassen, da ich nicht weiß ob du meine Antwort in meinem Blog liest. Es war nie meine Absicht irgendjemanden zu verletzen. Es tut mir unglaublich leid, dass du das erleben musstest und ich weiß wirklich nicht, wie ich in deiner Situation entschieden hätte. Dieses Thema ist wahnsinnig groß und es gibt so viele Einzelfälle. Das sprengt wirklich die Dimensionen eines einzelnen Posts. Es tut mir von Herzen leid, wenn meine eigentliche Botschaft nicht für alle heraus zu lesen war. Ich habe niemanden verurteilt sondern auch versucht deutlich zu machen, dass das meine ganz persönliche Meinung im Moment ist und wollte damit schlicht Maras Frage beantworten.

    LG, Emma

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